Anfang des 20. Jahrhunderts suchte der Kölner Börsenmakler Eberhard Carl Hagen nach einem passenden Ort für die Sommerfrische der Familie. Im romantischen Mittelrheintal wurde er fündig. Unkel-Scheuren war damals in betuchten Kölner Kreisen en vogue; der bekannte Kölner Bleiwarenfabrikant, Präsident der Handelskammer und Stadtverordnete Wilhelm Leyendecker hatte das Haus 1890 errichten lassen, als standesgemäße Sommerresidenz. Nach einem kurzen Zwischenspiel des Ehepaars Pohlmann erwarb Hagen die im klassizistischen Stil errichtete Villa und verbrachte hier mit Gattin, Hund und Helfern einige wenige glückliche Sommer.

Sein Sohn Rudolf betrieb in den 1950er Jahren in den Räumlichkeiten ein Café. Nachbarn der älteren Jahrgänge erinnern sich noch an die rothaarige Babette, die deutlich jüngere Begleiterin des distinguierten Herrn Hagen. Auf der Ziegelmauer lagen sie als Teenager auf der Lauer, um einen Blick auf ihr eindrucksvolles Dekolleté zu erhaschen.

Knapp 100 Jahre später, nach manch grausamem Eingriff in die Baustruktur, war aus der Villa ein Getränkelager geworden, das eine Brandstiftung nur knapp überstand.

Theo Oltmanns kaufte das teilweise zerstörte Anwesen und ließ es sachkundig und detailgetreu restaurieren. Bis 2016 führte der ehemalige Kapitän zur See und Kunstverständige mit seiner Frau Christel im Erdgeschoss eine renommierte Galerie.

Seit 2017 haben Daniela und Tom Weingärtner hier einen Ort der Debatte, der Kultur und der festlichen Begegnungen geschaffen.

Mittlerweile ist Daniela Weingärtner tief in die Geschichte der Hagen-Villa, die eigentlich Leyendecker-Villa heißen müsste, eingetaucht. Für die ersten drei Eigentümer währte die Freude nur kurz. Die Witwen Leyendecker und Pohlmann verkauften nach kurzer Zeit, Gertrud Hagen verschenkte das Haus an ihre Enkel. Ihr Sohn Rudolf allerdings – der wie ein Hausherr auftrat, das Haus aber nie besessen hat – lebte fast drei Jahrzehnte in dem großen weißen Anwesen mit Park, das zwischen lauter Fachwerkhäuschen ein Fremdkörper blieb. Familie Oltmanns betrieb die Galerie mehr als 30 Jahre.

Reisen Sie für einen Abend ins Jahr 1889